Aug 25, 2025
Ein hörendes Herz
Am 24. August stand der Gottesdienst der Schloss- und Stadtkirchengemeinde ganz im Zeichen des "Israelsonntags". Als Predigerin war Dr. Kristin Jahn zu Gast.
Der "Israelsonntag" ist einer der besonderen Gedenksonntage der christlichen Kirchen. An ihm wird in den Kirchen heute meistens über das Verhältnis von Christen und Juden nachgedacht. Sein anderer Schwerpunkt, und das schon seit dem 16. Jahrhundert, ist das Gedenken an die zweimalige Zerstörung des Tempels in Jerusalem, zuerst durch die Babylonier und dann durch die Römer.
In Wittenberg hat der Israelsonntag seine Prägung auch durch die Weiterentwicklung der Stätte der Mahnung an der Stadtkirche St. Marien. Seit langem setzt die Stadtkirchengemeinde der antijüdischen und antisemitischen Schmähplastik ihre Haltung gegen jeglichen Antisemitismus entgegen. Sie erkennt und bekennt die Schuld, die die Kirche in den vielen Jahrhunderten an den jüdischen Geschwistern auf sich geladen hat und arbeitet diese Geschichte auf. Sie soll sich nicht wiederholen.
Der Gottesdienst am Israelsonntag begann daher im Freien an der Stätte der Mahnung mit der eigenes für diesen Sonntag geschaffenen Liturgie, die von Cornelia Winkelmann und Pfarrer Christoph Maier gebetet wurde. Unter der musikalischen Begleitung von Frauke Messing (Querflöte) sang die Gemeinde an der Mahnstätte und auf dem Weg in die Kirche.
Die Predigt von Kristin Jahn (Generalsekretärin des DEKT) stand ganz im Zeichen des Hörens. "Höre Israel!" – Mit diesen Worten beginnt das Glaubensbekenntnis Israels (5. Mose 6,4). Was zu hören ist? Das Gebot der Liebe – Gott zu lieben und seinen Nächsten. Beide Gebote greift Jesus in einem Streitgespräch auf – und dieser Abschitt aus dem Markusevangelium (12,28-43) lag der Predigt zugrunde. Dieses Doppelgebot sei wie zwei Herzklappen, sagte Jahn – eins ohne das andere funktioniere nicht. Die Predigerin zeigte auf, wie oft sich bis heute Menschen und gerade auch die Christenheit von diesem Gebot entfernt haben, sich zu Richtern und Herrschern aufspielten und dabei immer Schaden über andere brachten und bringen. Und sie zeigte auf, wie mit der Liebe Gottes eine lebensfreundliche, lebensspendende Haltung möglich wird.
Die ganze Predigt zum Nachlesen: https://www.himmelsluke.de/logbuch/.
Der Gottesdienst in der Kirche wurde weiter mitgestaltet von Elisabeth Prill (Lektorin) und Hanna Kasparick (Gebet) sowie Matthias Keilholz. Musikalisch wurde er weiterhin begleitet von Frauke Messing und dazu von Anna Maria Heinke an Flügel und Orgel.
Im Anschluss an den Gottesdienst war die Gemeinde zum musikalischen Programm "Ein Empfinden von Mut und Trotz" mit Marika Gejrot (Violoncello) eingeladen, das an der Skulptur RESTLICHT auf dem Marktplatz die Veranstaltungen zum Israelsonntag abschloss.
Noch bis Ende Oktober ist zu den Öffnungszeiten in der Stadtkirche die Ausstellung "Chagall malt die Bibel" zu sehen – acht Farblithographien aus dem Zyklus La Bible (1956).
Predigt zum Download:
/asset/oG0FtWLLTPWPyZhEVHMoYQ/gd20250824-predigt-jahn.pdf